Männchen & Weibchen

und das ist noch nicht alles –  oder – vom Umgang mit verflixten wüsten Wörtern

1 szenisches Bilderbuch für
1 Schulklasse und
1 Hellraumprojektor

Natürlich haben wir Kinder, (als ich vor 50 Jahren in die Schule ging), auch gerne „wüst“ geredet. Für mich sind aber einige Phänomene neu und ziemlich ungewohnt: Stinkefinger, das gab’s früher nicht. Auch nicht das „F… di“ in allen Variationen („dini Muetter“, „dini ganzi Generation“, „bis is Grab“), ebenso wie der Satz „er hät mich beleidigt“ oder das Spucken. Sehr „beliebt“ ist auch: „Du bisch schwul“ bzw. „lesbisch“, „ä Missgeburt“, „än Möngi“ etc..

Eine Studie hat ergeben, dass bei einem Mobbing nicht nur der/die Betroffene, sondern auch das Umfeld leidet. Genauso ist es auch beim Gebrauch dieser Müll-Wörter. Sie verschmutzen unsere Umgebung durch die schlechte Stimmung, die sie hervorrufen. Schon viele Male haben sie mein Klassenklima vergiftet und mir wertvolle Zeit geraubt, die ich mit dem Auffangen und Schlichten von Streitsituationen vergeuden musste. Muss ich als Lehrerin ständig auf solche unangenehmen Vorfälle eingehen, werde ich genervt und verärgert. Dies überträgt sich auf die SchülerInnen, die nun ebenfalls verstimmt sind. In einem gereizten Klima können viel leichter Missverständnisse geschehen, die zu neuen Reibereien führen. Gruppenarbeiten werden schwierig, wenn einzelne Kinder noch von der Pause „geladen“ oder sonst sauer auf einander sind.

Viele Kinder in meiner Klasse haben gesagt, dass sie es gar nicht gerne haben, wenn sie immer wieder diese Wörter auf dem Pausenplatz hören müssen, auch wenn sie nicht direkt an sie selber gerichtet sind.

maennchen_weibchen_wortaufschreiben

Um ins Thema einzusteigen, dürfen die Kinder alle Schimpfwörter aufschreiben, die sie kennen. Es sind viele!

Nur schon der Klang der Wörter ruft eine negative Assoziation hervor. Auf der anderen Seite beobachten wir, wie sich die Atmosphäre im Schulzimmer verbessert, wenn Kinder Anerkennung erhalten. Wer ein Lob erhält, wird automatisch gut gestimmt, freut sich darüber, beginnt zu strahlen, und all die anderen rundherum werden von dessen guter Laune angesteckt. In einem gelösten, positiven Klima werden die Herzen geöffnet, der Geist wird ruhig, und es entstehen optimale Voraussetzungen fürs Lernen. Deshalb möchte ich meine Zeit und Energie nicht mehr mit der Beseitigung von Wort-Müll verschwenden. Die Produktion dieses Musicals soll einen Beitrag leisten, um den gedankenlosen Missbrauch von Wörtern durch eine bewusste Wortwahl zu ersetzen und so das Klassenklima zu optimieren.

Hintergrund:

Warum fluchen die Menschen eigentlich? fragte eine Schülerin. Schwierige Frage oder nicht?

Offensichtlich ist es ein altes Thema, denn schon in der Bibel finden sich viele Beispiele für Verfluchungen (mit sehr ernsten Folgen für die Betroffenen). Interessanterweise gibt es beim Fluchen regionale Unterschiede: In manchen Ländern werden vor allem Wörter der Fäkalsprache, in anderen Ausdrücke mit Bezug zu den Genitalien verwendet. In gewissen Kulturen werden Fluchtiraden geradezu kultiviert, indem äusserst „fantasievolle“, ellenlange Verwünschungen ausgestossen werden.

Im Alltag werden Fluchwörter oft gebraucht um einfach Dampf abzulassen. Als abgeschwächte Form können einzelne Buchstaben verändert werden, so dass aus „verd…“ das harmlose „verflixt“ entsteht, oder aus „A…..ch“, ein „Armleuchter“ wird etc.

Die meisten Kinder wissen gar nicht, was die Schimpfwörter, die sie gebrauchen, genau bedeuten. Nun ist es natürlich nicht möglich, im Theaterstück die Bedeutung aller Wörter zu erklären. Die Beleidigungen „du bisch schwul/lesbisch“ haben sehr zugenommen. Deshalb wollen wir vor allem diejenigen Schimpfwörter exemplarisch aufgreifen, welche mit dem Geschlecht, dem „gender“ zu tun haben.

Theaterstück: Ausgangslage

Vogel, Hund und Katz leben friedlich im Garten von Herrn Punkt, der eine Buchstabenfabrik besitzt. Das schöne Leben nimmt ein jähes Ende, als aus dem fernen Letterien eine Horde von Buchstaben-Monstern über das Land hereinbricht und Angst und Schrecken verbreitet. Hund gerät in schrecklichen Stress, denn sollten die Ungeheuer auch die Fabrik angreifen, muss er diese verteidigen. Vogel schlägt vor, Hilfe zu suchen, und so machen sich die drei auf den Weg zu Professor Prof.

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Dieser verordnet eine Doppel-W-Diät. Das heisst, die Menschen sollten es vermeiden, den Biestern gegenüber, und auch ganz allgemein, wüste Wörter zu gebrauchen, denn diese sind ihre Leibspeise, und sie werden davon geradezu gemästet. Vogel möchte wissen, welche Wörter überhaupt wüst sind? Professor Prof hält eine kurze Vorlesung, wobei er alle gängigen Schimpfworte nach wissenschaftlichen Kriterien katalogisiert: Fäkal, Genital, Animal… Hund entdeckt, dass auch das Wort „Hund“ als Schimpfwort gebraucht wird und ist total schockiert, denn die Hunde stehen den Menschen in allen möglichen Situationen bei. Prof. Prof hat seine liebe Mühe, plausibel zu erklären, wieso etwa Katze ein Wort der Bewunderung, aber andere wie Esel oder Kamel von den Menschen als Schimpfwort gebraucht werden. Und auf die Frage von Hund, warum denn die Menschen diese Wörter so viel gebrauchen, muss er passen und hat sowieso gar keine Zeit mehr.

Auf dem Heimweg ist Hund total kaputt und bricht fast zusammen. Er kann es nicht verwinden, dass sie, die treuen Hunde, diese Menschenfreunde als Beleidigung verwendet werden. Nur mit gutem Zureden schaffen es Vogel und Katz, dass er schliesslich doch noch den Menschen das Rezept mit mit der Doppel-W-Diät überbringt. Tatsächlich stellt sich eine Verbesserung ein: die Monster werden dünner und schwächer. Aber ganz tot zu kriegen sind sie nicht, denn immer wieder stösst jemand einen Fluch aus, zum Beispiel, wenn er sich auf den Finger haut oder ihm sonst ein Missgeschick passiert, und produziert so weitere Nahrung für die Biester.

Vogel, Hund und Katz werden noch die Hexe Hex …

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… und Guru Guru…

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… aufsuchen müssen, bis sie schliesslich das Rezept für die richtige Diät, nämlich den Triple-L-Dünger, erhalten: Die Liebes-, Lob- und Lachwörter!

Das Thema Gender kommt in meinem nächsten Projekt: Wieso die Evolution den Sex erfunden hat noch ausführlicher zum Zug.